Eine „Teestunde“ mit … Védaste Kabalira
Sonntag, 5.11.2023, 16 bis 17 Uhr, Coworking Café tisch (Lagekarte), Martinstr. 11, 19053 Schwerin
In unregelmäßigen Abständen erzählen Menschen mit internationaler Geschichte bei der „Teestunde“ von ihrem „Herkunftsland“. Worin unterscheidet sich das Herkunftsland von Deutschland? Was eint, was verbindet die Länder? Wie wird die Lebenswirklichkeit (Gesundheits-, Bildungs-, Wirtschaftssystem, Reichtum/Armut, Gleichstellung, …) früher und heute in der alten Heimat eingeschätzt. Welche Erwartungen gibt es an die neue Heimat Deutschland? Es sind bewusst subjektiv gehaltene Ansichten eines Menschen, die uns einen Blick über den eigenen Tellerrand ermöglichen.
Am 5.11.2023 war Védaste Kabalira zu Gast. Er ist in Ruanda geboren und aufgewachsen und kam gleich nach seinem Abitur 1994 nach Deutschland – kurz vor dem dortigen Völkermord. Er war 24 Jahre für die RAA Schwerin in der Jugendsozialarbeit tätig.
Der Veranstaltungsort war sehr gut mit 26 Zuhörer:innen gefüllt. Védaste begrüßte die Anwesenden auf Kinyarwanda, seiner Muttersprache, sprach kurz über das Aufwachsen in einer Familie mit mittlerem hohen Einkommen und Bediensteten im Haus. Dann kam er bald auf die von einigen Experten als „Vorbildliche Entwicklungsdiktatur“ bezeichnete Regierungsform in Ruanda zu sprechen, der er mit seiner fast 30-jährigen Außensicht kritisch gegenüberstehe. Der seit dem Jahr 2000 autoritär regierende Paul Kagame wird jedoch von den meisten Einwohner:innen Ruandas (auch Verwandten von Védaste) und auch vielen Afrikaner:innen anderer Staaten als „Heilsbringer“ und Vorbild für die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika gesehen. Es entspann sich zwischen Védaste und den Anwesenden ein angeregter Austausch, welchen Stellenwert demokratische Kriterien bei der Entwicklungszusammenarbeit mit europäischen Staaten haben sollte und inwieweit „unsere“ Kriterien anderen Ländern übergestülpt werden könnten. Auch der Begriff der „Entwicklung“ wurde kurz kritisch thematisiert. Védaste äußerte auch Zweifel an der sogenannten „Aufarbeitung“ des Völkermordes radikaler Hutu an den Tutsi und gemäßigten Hutus. Diese scheint ihm eher oberflächlich.
Es ging aber auch um den einfachen Alltag in Ruanda. Zum Ende erzählte Védaste, wie ihm bei seinem letzten Besuch in Ruanda in einem überfüllten Bus eine völlig fremde Einheimische ihren Säugling einfach in die Hand gab und die Mutter selbst woanders Platz nahm. Nach zwei Stunden, am Ende der Fahrt, nahm sie Védaste wieder das Kind ab. So was ist in Deutschland eher weniger vorstellbar. An Deutschland schätzt Védaste mittlerweile sehr, wie sich hier an bestimmte Regeln gehalten wird. Im Straßenverkehr in Ruanda wurde ihm Angst und Bange.
Dies war bereits die 3. „Teestunde“. Beim Auftakt 2021 war Hamoud Adlghim zu Gast. 2022 dann Ourobou Tchakpedeou. Die Gesprächsreihe soll fortgeführt werden.
Förderer
Eine Veranstaltung im Rahmen des Bildungsprojektes der Aktionsgruppe Eine Welt e.V. Schwerin / Weltladen Schwerin gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, aus Mitteln von „Bingo – Die Umweltlotterie“ über die Norddeutsche Stiftung für Umwelt und Entwicklung und durch den Kirchlichen Entwicklungsdienst der Nordkirche.
Im Rahmen von
weltwechsel 2023: 88 Veranstaltungen an 23 Orten in MV, die engagierte Menschen dabei unterstützen, Ohnmacht und Wut in Mut zu verwandeln. Filme, Lesungen, Diskussionen und Konzerte, die zeigen wie mutig sich viele Ehrenamtliche überall in Mecklenburg-Vorpommern für eine gerechtere Welt einsetzen.
Das Eine-Welt-Landesnetzwerk MV koordiniert die jährliche entwicklungspolitische Veranstaltungsreihe. Finanziert wird sie von Engagement Global, der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung, dem Kirchlichen Entwicklungsdienst der Nordkirche und dem Land Mecklenburg-Vorpommern. weltwechsel findet jedes Jahr im November statt.